Pyjamas: Stilvoll in die Nacht - manager magazin

2022-12-20 10:30:49 By : Ms. Marie Lu

Neue Nachtwäsche: Auf zur Pyjama-Party

München - Den diskreten Sex-Appeal von Pyjamas haben sich etliche Regisseure zunutze gemacht - James Stewart trug einen in "Das Fenster zum Hof", Cary Grant, während er in "Indiskret" mit Ingrid Bergman telefoniert, Paul Newman, als er sich in "Die Katze auf dem heißen Blechdach" mit Elizabeth Taylor streitet, und in Lubitschs abgedrehter Komödie "Blaubarts achte Frau" teilte sich Gary Cooper sogar einen mit Claudette Colbert: er nimmt die Jacke, sie die Hose. Die Rede ist natürlich vom Pyjama.

Wie die eigenwillige Schreibweise schon andeutet, ist der Pyjama kein europäisches Kleidungsstück, sondern hat seine Wurzeln in Indien. Das Wort selbst allerdings stammt aus dem Persischen. "Pay" bedeutete dort "Bein" und "Jameh" "Kleidung". Der Pyjama war also ursprünglich nichts anderes als ein Beinkleid, das im westlichen Asien verbreitet war.

Wie bei allen Dingen, die irgendwie eigenwillig sind, so waren es auch in diesem Fall Engländer, die sich der Sache annahmen und die asiatische Hose nach Europa brachten. Dies ging allerdings nicht ohne ein paar grundlegende Veränderungen: Die Hose wurde mit einer Jacke aus dem gleichen Stoff versehen und das Ganze einem neuen Zweck zugeführt.

Waren die Pyjamas, wie sie zwischen Euphrat und Ganges getragen wurden, als Tagesbekleidung gedacht, verwandelten sie die britischen Kolonialherren in ein Kleidungsstück für die Nacht, genauer: für das Bett. Und weil Hosen im Abendland des 19. Jahrhunderts ausschließlich Männern vorbehalten waren, wurde aus der ehemaligen Unisexbekleidung Asiens in Europa ein Stück ausschließlich für den Herrn - zumindest zeitweise.

Von Lebensart zu Spießertum

Das war durchaus ein Schritt Richtung Genderdiversität, denn in den Jahrhunderten davor trug sowohl Männlein als auch Weiblein ein Nachthemd. Und selbst dies war eine relative neue Erfindung, die sich erst mit Beginn der Neuzeit durchsetzte. Bis ins 16. Jahrhundert schlief man nämlich einfach nackt.

Mit der Erfindung des Pyjamas als angemessenes Bekleidungsstück des Herren während der Nachtruhe trugen die Briten, wie in manch anderem Bereich auch, erheblich zur Kultivierung bisher eher verwahrloster Zustände bei. Das erklärt im Umkehrschluss allerdings auch, weshalb der Pyjama, nachdem er gut 100 Jahre treu seine Dienste geleistet hat, anscheinend etwas aus der Mode kommt. Die Kultiviertheit, die der Pyjama ausdrückt, gilt heute eben nicht mehr als Ausdruck höherer Gesittung und Lebensart, sondern nur noch als spießig. So wandeln sich die Zeiten.

Der europäische Jungmann springt lieber, nachdem er sich seiner Chucks entledigt und aus seiner "7 For All Mankind"-Jeans geschält hat, direkt mit seiner Calvin Klein Unterhose unter die Bettdecke. Und als Oberteil dient ihm im Winter das T-Shirt, das er ohnehin als Unterhemd trägt. So weit, so praktisch, so bedauerlich.

Die Zahlen der verschiedenen Textilverbände sprechen Bände. So ging nach der Statistik von Gesamtmasche, das ist der Verband der deutschen Maschenindustrie, der Import von Nachtwäsche für den Herrn allein vom Jahr 2011 bis 2012 um 27 Prozent zurück.

Nun könnte es natürlich sein, dass dem Niedergang des Importes ein Boom heimischer Produkte gegenübersteht. Doch dem ist nicht so. Nach einer Umfrage, die von der "Gesellschaft für Konsumforschung" Ende 2011 im Auftrag des Brachenblattes "TextilWirtschaft" unter Verbrauchern durchgeführt wurde, hatte nur jeder dritte Mitbürger in den zurückliegenden 12 Monaten überhaupt Nachtwäsche erworben. Zehn Jahre zuvor war es immerhin noch jeder Zweite.

Kein Wunder, dass sich auch die Schlafgewohnheiten entsprechend verändert haben: Nur 50 Prozent der Befragten gaben nämlich an, überhaupt klassische Nachtwäsche zu tragen. 35 Prozent schlafen einfach in ihrer Unterwäsche. Die restlichen 15 Prozent - na, Sie wissen schon.

Es überrascht daher nicht, dass selbst etablierte und renommierte Unternehmen beim klassischen Pyjama sinkende oder bestenfalls stagnierende Verkaufszahlen vermelden. Jedoch: Ein Trend ist deutlich und wird von Verbänden, Händlern und Herstellern bestätigt: der Mann von heute bevorzugt einen Mix aus Sets, Einzelteilen und Unterwäsche. Entsprechend steigt der Umsatz von Einzelteilen im "Mix&Match"-Bereich stark an.

Umso erfreulicher ist es, wenn angesichts dieser traurigen Entwicklung große Traditionshäuser mit einem breit gefächerten Angebot unterschiedlichster Stoffe, Gewebe und Muster die Tradition europäischer und amerikanischer Nachtwäschenkultur hochhalten.

Pyjamas aus der Savile Row

Wer heute von exquisiten Pyjamas redet, spricht fast im selben Atemzug auch von "Derek Rose". Gegründet wurde das Londoner Unternehmen 1926 von Lou Rose. In den 50er Jahren stieg dann dessen Sohn Derek in die Firma ein. Belieferte der Hersteller exklusiver Nachtwäsche bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich Hemdenmacher der Jermyn Street oder Harrods, wo die Produkte dann unter anderem Namen vermarktet wurden, so führte Derek Rose den nach ihm benannten Markennamen ein. 1975 wurde schließlich "Derek Rose Pyjamas Ltd" gegründet, und man bezog stilecht Büroräume in der Savile Row, dem Zentrum britischer Schneiderkunst. Und selbstredend wurde man 1987 mit dem "Queen's Award for Export Achievement" ausgezeichnet.

"Derek Rose" bietet alles, was das Herz begehrt: Pyjamas in allen Mustern, Stoffen und Längen. Vom klassischen Uni über die nicht minder klassische Streifen bis zu Karos und Blümchen, von einfacher Baumwolle über Flanell bis zu Leinen oder Seide. Allerdings sollte man beachten, dass so ein exquisiter Seidenpyjama auch mal 800 Euro kosten kann. Günstiger ist da schon das klassische Nachthemd aus Baumwolle, das die Londoner für gut 120 Euro anbieten. Wem das zu popelig sein sollte, der kann sich zum heimischen Brunch in einen Morgenmantel aus Cashmere hüllen, der für läppische 2.500 Euro zu haben ist. Nur mit dem flüssigen Eigelb sollte man dann aufpassen.

Wer es weniger aristokratisch, dafür aber etwas hipper, doch immer noch stilvoll möchte, der ist gut beraten, sich auf der anderen Seite des Atlantiks umzusehen. Etwa bei der Firma "BedHead" aus Los Angeles. Die steht unter anderem in dringendem Verdacht. diverse Hollywoodstars mit Klamotten fürs Bett auszustatten. Ob das nun stimmt oder nicht und lediglich ein geschickter Werbeschachzug ist: Auf jeden Fall bietet die 1999 von der Kanadierin Renee Claire gegründete Firma hochwertig verarbeitete Nachtwäsche, die klassische anmutende Kombinationen ebenso im Angebot hat wie frei zu kombinierende Einzelteile oder Mix-Sets. Alle Teile werden von Claire entworfen, in den USA zurechtgeschnitten und zusammengenäht und in 1.500 Boutiquen weltweit vertrieben.

Wer keinen gesteigerten Wert darauf legt, seinen Schlafanzug demnächst auf einem verwackelten Paparazzi-Foto irgendeines Hollywood-Sternchens wiederzuerkennen, für den bietet es sich allerdings an, seine Nachtwäsche in den gediegenen Gefilden des alten Europa zu erwerben. Und was wäre solider als die Schweiz? Dort begann 1871 Pauline Zimmerli-Bäuerlin an der damals revolutionären Strickmaschine des Amerikaners Isaac W. Lamb Strümpfe und Herrensocken zu produzieren.

Doch die Möglichkeiten von Lambs Maschine waren limitiert, und so entwarf Pauline eine 2-Nadel-Strickmaschine, die ihr die Herstellung gerippter Unterwäsche ermöglichte. Der Erfolg der Zimmerli-Unterwäsche war überragend - und ist es noch. Doch Zimmerli produziert nicht nur herausragende Unterwäsche, sondern eben auch Pyjamas. Wer also bei der morgendlichen Lektüre der NZZ die nötige Seriosität ausstrahlen möchte, für den gibt es zu den schlichten aber edlen Produkten aus dem Kanton Aargau keine ernsthafte Alternative.

Wer jedoch das solide Image Schweizer Markenware nicht missen möchte, es aber gerne etwas sportlicher, jungendlicher oder auch nur günstiger liebt, der ist mit den Produkten von Calida sicher gut beraten. Für den ganz wagemutigen Herrn bietet Calida sogar ein cooles Nachthemd an, im lässigen Caromuster und aus leichtem Baumwoll-Jersey. Kaum zu glauben, dass der Verkaufsanteil dieses wunderbaren Stücks an der Nachtwäsche bei nur 2 Prozent liegt.

Und wen all das immer noch nicht überzeugen kann, nächtens auf das geliebte T-Shirt zu verzichten, nun, der kann einen Pyjama auch der Dame seiner Herzens schenken. Denn nicht nur die coolsten Jungs aller Zeiten trugen ihn, sondern auch die lässigsten Mädchen: Greta Garbo etwa, Sophia Loren, Audrey Hepburn und natürlich Coco Chanel - die trug ihn sogar auf der Straße.

Der Gentleman trägt Pyjama (und Krücke): Paul Newman und Elizabeth Taylor 1958 in dem Film "Die Katze auf dem heißen Blechdach". Der Schnitt des Nachtanzugs ist klassisch modern, ein Stilvorbild auch für heutige Pyjamas.

Auf Beobachterposten: In "Das Fenster zum Hof" (1954) hatte James Stewart mehr als eine glanzvolle Pyjamaszene

Sportliche Note: Die Firma Derek Rose hat sich auf "Luxury Sleepwear" spezialisiert. Hier das "S2 Basel Orange Leisure Shirt" mit "Panarea Trousers"...

... wer es klassischer liebt, wählt eher das Leinenmodell "Liam".

Auf Streife(n): Modell "Lorenzo" kombiniert klassischen Schnitt mit gewagter Farbenfreude...

... Modell "Elite" ist etwas dezenter...

... richtig angezogen wirkt es dann in dunkelblau mit Morgenmantel.

Traditionshersteller: Die britische Firma Sunspel gibt es seit 1860. Man verarbeitet besonders langstapelige Baumwolle zu Klassikern wie dieser Pyjamahose.

Schweizer Schick: Der Herrenwäschehersteller Zimmerli kombiniert einen kurzen Morgenmantel mit fliederfarbenem Nachtgewand. Gewagt, sieht aber nicht schlecht aus. Jedenfalls nicht an einem gut trainierten männlichen Fotomodell.

Weiche Variante: Kragenlos und durchgeknöpft, dezent gemustert und fein für die Nacht. Noch legerer...

... die Langarmshirt-Variante des Schweizer Herstellers. Klassischer...

... sind die Kragenpyjamas, wie sie auch James Steward und Paul Newman (beziehungsweise deren Filmausstatter) bevorzugten...

... damit sieht man im Schlafzimmer fast bürofein aus...

... und kann sich auf jeder Pyjamaparty sehen lassen. Manche Modelle...

... gibt es in einer Voll- und einer Lightversion...

... Karos gehen natürlich immer...

... und auch nachts kann sich der Herr von Welt schon mal kleinkariert zeigen.